Seebeck – Held oder Gauner ?
Seebeck – Held oder Gauner? Diesen Titel hat der dominikanische Philatelist Danilo A. Mueses seinem Buch über Nicolas Frederick Seebeck gegeben.
Der Titel lässt aufhorchen. Held in der Philatelie, das erscheint schon seltsam, denn wir sprechen doch normalerweise von „großen Philatelisten“, aber nicht von Helden.
Der Begriff Gauner ist uns in diesem Zusammenhang schon etwas geläufiger. Jeder von uns kann sicher eine Vielzahl von echten oder vermeintlichen Gaunern in der Philatelie aufzählen.
Wer ist Nicolas F. Seebeck?
Aber wer ist denn nun dieser Nicolas F. Seebeck, der mit solchen Attributen in Verbindung gebracht wird und dem z.B. Joseph Kröger im Illustrierten Briefmarken-Journal der Gebrüder Senf, in den Jahren 1910 bis 1919 eine Artikelserie gewidmet hat?
Oder denken wir an Bill Welsh, den früheren Herausgeber von „The American Philatelist“ (Organ der American Philatelic Society) und seinen ausführlichen Artikel in eben dieser Zeitschrift aus dem Jahre 1989.
Wer ist dieser Nicolas F. Seebeck, dessen Name für Markenausgaben der Länder El Salvador, Nicaragua, Honduras und Ecuador aus den Jahren 1890 bis 1899 steht?
Schauen wir doch erst einmal in den Michel-Katalog. Zu unserem Erstaunen finden wir Bewertungen, die uns möglicherweise aus Leid oder Freude die Tränen in die Augen treten lassen, abhängig davon, ob wir Besitzer dieser Marken sind oder nicht; mit Katalogwerten im Cent- oder niedrigen Euro-Bereich. Also doch Gauner, oder wie können über 100 Jahre alte Marken aus so kleinen Staaten wie den vorgenannten so billig sein?
Seebeck - sein Lebenslauf
Geboren wurde Nicolas F. Seebeck in Deutschland am 19.2.1857. Mit 16 Jahren wanderte er im Jahre 1873 in die USA aus. In New York machte er einen Schreibwarenhandel auf.
Aber in seinem Laden hatte Seebek auch eine Ecke für den Handel mit Briefmarken eingerichtet. Und so kam es, dass dieser Jugendliche mit einer ausgeprägten Begabung fürs Geschäft bereits im Jahre 1876 er seinen ersten, 48-seitigen Katalog unter dem Titel „Descriptive Price Catalog of all known Postage Stamps of the United States and Foreign Countries“ publizierte. Sechs Jahre später veröffentlichte Seebek bereits die 4. Ausgabe, jetzt mit 216 Seiten und 1900 Abbildungen.
Seebeck - Sekretär und Schatzmeister
Am 1.5.1884 trat Nicolas F. Seebeck als Sekretär und Schatzmeister in die Hamilton Bank Note Company ein. Diese Firma hatte vor allem einen hervorragenden Ruf als Hersteller von Eisenbahn- und Brückentickets, und ihre Eigentümer waren angesehene Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik (Chauncey M. Depew, William R. Grace, Russell Sage).
Als „Mitgift“ brachte Seebeck US$ 10.000 in die Firma ein. Diese hatte er aus dem Verkauf seines Briefmarkenhandels an Gustav B. Calman erlöst. Dieser Herr war einer der bedeutendsten US-Händler für Marken aus Restbeständen der Post, und so kaufte er später auch die sogenannten „Seebeckmarken“ um mit diesen weltweiten Handel zu treiben.
geschäftstüchtiger Seebeck
Einen weiteren Beweis für seine Geschäftstüchtigkeit erbrachte Seebeck ein Jahr nach seinem Eintritt, als er seine Anteile an der Hamilton Bank Note Co. für US$ 28.500 wieder verkaufte und von da an als angestellter Sekretär, Schatzmeister und Geschäftsführer tätig war, zuerst für ein Gehalt von US$ 3.000, später (nach Erweiterung seiner Aufgaben) von US$ 6.000.
Am 23.6.1899 verstarb Nicolas F. Seebeck im Alter von 42 Jahren an Tuberkulose.
Seebeck und sein Werk
Seebeck und die Dominikanische Republik
Lange bevor Seebeck seine „berühmt-berüchtigten“ Verträge mit einigen Ländern Zentralamerikas abschloss, besuchte er Anfang 1879 die Dominikanische Republik. Es ist leider nicht bekannt, was er dort im einzelnen machte. Es muss ihm aber gelungen sein einen Auftrag für den Druck der Briefmarken zu ½ und 1 Real (Mi.Nr. 21-24) von der dominikanischen Regierung zu erhalten.
Diese Marken wurden im Juli 1879 herausgegeben. Da Seebeck zu dieser Zeit keine Druckerei besaß, musste er diese Arbeit an Dritte gegeben haben. Allerdings ist nicht sicher bekannt an wen.
Im November 1880 und im Januar 1881 kam je eine Markenserie mit einer ähnlichen Wappenzeichnung zur Ausgabe, einmal ohne (Mi. Nr. 25 - 33) und einmal mit Netzunterdruck (Mi.Nr. 34 - 42). Den Auftrag zu Herstellung dürfte wiederum Seebeck bekommen haben und die Druckausführung wird der Hamilton Bank Note Co. zugesprochen.
Diese Firma ist wahrscheinlich 1880 gegründet worden bzw. aus einer Firma Manhatten Bank Note Co. hervorgegangen. Letztere hat möglicherweise den Druck der Ausgabe von 1879 ausgeführt.
1883 wurden die letztgenannten Wappenserien mit neuen Nennwerten in „céntimos“ und „francos“ überdruckt (Mi.Nr. 43-60). Dabei kam es zu einer Vielzahl von Aufdruckabweichungen.
Obwohl einige Philatelisten dies gerne als eine Machenschaft Seebecks bezeichnet haben ist dem nicht so. Bereits „The American Philatelist“ hat in seiner Ausgabe vom September 1889 klargestellt, dass Seebeck nichts mit diesen Aufdrucken zu tun hat. Der Aufdruck erfolgte lokal durch die Druckerei der Brüder García.
Im Gegensatz zu den Seebeckmarken der Jahre 1890 bis 1899 wurden diese Ausgaben von der dominikanischen Regierung mit größter Wahrscheinlichkeit bezahlt.
Seebeck - Kolumbianische Departements
Es ist bekannt, dass Seebeck seine Dienste für die Herstellung von Briefmarken des Departements Antioquía angeboten hat. Diese wurden aber abgelehnt. Anders scheint es sich im Bezug auf das Departement Bolivar zu verhalten.
Hersteller der Marken von 1879 bis 1885 (Mi.Nr. 11-46) ist die Manhatten Bank Note Co.. Auch wenn keine klaren Beweise vorliegen, kann doch davon ausgegangen werden, dass Seebeck die entsprechenden Aufträge erhalten hat.
Die Markenlieferungen von 1890 bis 1899
Bereits 1880 kam Seebeck auf die Idee, den armen Regierungen Süd- und Zentralamerikas Marken ohne Bezahlung zu liefern und im Gegenzug die Restbestände zur Vermarktung an die Sammler zu übernehmen.
Aber erst in den ersten Monaten des Jahres 1889 begab sich Seebeck mit der dann ausgereiften Idee auf eine Reise durch die zentralamerikanischen Länder.
In Guatemala, der ersten Station hatte er kein Glück. Im Gegensatz dazu wurde Seebeks Idee in El Salvador, Honduras und Nicaragua positiv aufgenommen. Die letzte Station seiner Reise war Costa Rica wo seine Idee ebenfalls nicht gut ankam.
Seebeck - El Salvador:
Am 27.3.1889 konnte N. F. Seebeck als Vertreter der Hamilton Bank Note Engraving Co. seinen ersten Vertrag mit dem Generalpostmeister von El Salvador, Herrn J. Carazo abschließen.
In diesem Vertrag mit einer Laufzeit von 10 Jahren wurde vereinbart, dass jedes Jahr (bis zum 15.11. des Vorjahres) kostenfrei Marken und Ganzsachen in der von der Postverwaltung gewünschten Menge geliefert werden.
Die Mindestmengen betrugen insgesamt 1.500.000 Marken, 10.000 Postkarten, 25.000 Briefumschläge, 10.000 Streifbänder jeweils in verschiedenen Wertstufen.
Es hatte sich aber gezeigt, dass diese Mindestmengen oft nicht ausgereicht haben und Nachlieferungen notwendig waren, bzw. einzelne Werte, wie der zu 1 Cent, durch lokalen Überdruck auf weniger benötigte Werte erzeugt wurden.
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Desweiteren wurde in diesem Vertrag vereinbart, dass der Hamilton Bank Note Engraving Co. die Restbestände am 31.12. jeden Jahres als Vergütung für ihre Auslagen für Herstellung und Lieferung der Postwertzeichen bis spätestens 1.2. des Folgejahres erhielt. Ebenso erhielt sie die bis dahin in einem Banktresor aufbewahrten Druckplatten um bei Bedarf Neudrucke zum Verkauf an Sammler und Händler herzustellen.
Eine Kündigung des Vertrages war jährlich möglich. El Salvador hat aber über die gesamte Laufzeit, d.h. von 1890 bis 1899 Marken und Ganzsachen erhalten. Allerdings wurden die in El Salvador in Umlauf gesetzten Marken (nicht die Ganzsachen) der letzten Ausgabe lokal mit einem schwarzen Rad überdruckt und waren auch länger als ein Jahr gültig.
Neben den vorgenannten Marken (ex Mi. Nr. 27-196) und Ganzsachen wurden auch Dienstmarken (Mi. Nr. 1-88) durch entsprechenden Aufdruck, Portomarken (Mi. Nr. 1-40), Einschreib- und Rückscheinmarken (Mi. Nr. 166-167), Paketmarken (Mi. Nr. 1-5), Postanweisungsmarken (Mi. Nr. 1-9) und sogar Verschlußzettel für Wertbriefe hergestellt.
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Seebeck - Honduras:
Am 20.4.1889 hat Seebeck mit der Regierung von Honduras, vertreten durch den Generaldirektor der Finanzen, Herrn Roque J. Muñoz, einen ähnlichen Vertrag abgeschlossen, allerdings waren die Mindestmengen rd. 30% höher.
Interessant ist außerdem, dass der Markenwechsel in den Jahren 1891 bis 1893 nicht im Januar sondern Ende Juli statt fand. Da die Ausgabe 1894-1895 erst am 25.1.1895 an die Schalter kam, waren somit die Ausgaben von 1890 und 1893-1894 jeweils eineinhalb Jahre gültig.
Bereits Mitte Oktober 1893 wurde der Vertrag wieder gekündigt mit dem Ziel, dass die Ausgabe für 1893-1894 die Letzte sei. In der damaligen philatelistischen Presse wurde diese Kündigung begrüßt. Allerdings glaube ich nicht, dass die Abneigung der Philatelisten gegen diese Ausgaben ausschlaggebend war, als vielmehr der Aufbau einer eigenen Regierungs-Druckerei unter Leitung des Italieners Italo Ghizzoni.
Da man aber nicht in der Lage war rechtzeitig Marken in angemessener Qualität herzustellen, lieferte die Hamilton Bank Note Co noch einmal für das Jahr 1895.
Von den Marken aus Honduras gibt es keine Neudrucke, da der überwiegende Teil der Marken an Seebeck zurück ging. Dies kann darauf zurück geführt werden, dass zum einen der Großteil der Bevölkerung Analphabeten waren und zum anderen der schreibende Rest der Bevölkerung wenig Vertrauen in die Regierung hatte und daher lieber seine Inlandspost verschiedenen privaten Postdiensten anvertraute.
Im Rahmen seiner Verträge vereinbarte Seebeck, dass er auch alle Restbestände der früheren Marken erhielt, die vor der Gültigkeit der ersten Serie der Hamilton Bank Note Co. im Umlauf waren. Im Falle Honduras waren diese Restbestände (Mi. Nr. 15x-21x) auf Grund ihrer 11 Jahre andauernden Laufzeit so gering, dass Neudrucke (Mi. Nr. 15y-21y) durch die American Bank Note Co. erfolgte um diese Seebeck zu übergeben
Zusätzlich zu den Marken für den allgemeinen Gebrauch (Mi. Nr. 22-76) wurden Ganzsachen (Postkarten, Umschläge, Streifbänder) und Dienstmarken (Mi. Nr. 1-22) hergestellt, die aber lt. Michel niemals im Gebrauch waren und höchstens gefälligkeitsgestempelt vorkommen.
Seebeck - Nicaragua:
Am 4.5.1889 unterzeichnete Seebeck einen ähnlichen Vertrag mit dem Generaldirektor des Post- und Telegraphenwesens Nicaraguas, Herrn Alejandro Cantón. Interessant ist hierbei, dass dieser Vertrag es der Regierung erlaubte, die Marken im ein oder zwei Jahresrhythmus zu wechseln, je nachdem, wie es ihr passend erschien. Allerdings hat Nicaragua jedes Jahr über den gesamten Vertragszeitraum von 1890 bis 1899 Marken und Ganzsachen bestellt.
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Laut Danilo A. Mueses soll Nicaragua trotz des Skandals um die Seebeckmarken und nach Ablauf des entsprechenden Vertrages einen ähnlichen mit Dr. Máximo Asenjo abgeschlossen haben. Da die Ausgabe von 1900 (Mi. Nr. 120-132) von der American Bank Note Co. hergestellt wurde, ist zu vermuten, dass Dr. Asenjo als Agent aufgetreten war.
Diese Serie hat im übrigen einen ähnlichen Umfang wie die vorhergehenden der Hamilton Bank Note Co.
Zusätzlich zu den Marken für den allgemeinen Gebrauch (Mi. Nr. 20-119) wurden Ganzsachen (Postkarten, Umschläge, Streifbänder), Dienstmarken (Mi. Nr. 1-106), Portomarken Mi. Nr. 1-27) und Telegrafenmarken hergestellt.
Seebeck - Ecuador:
Im Gegensatz zu El Salvador, Honduras und Nicaragua hat Ecuador ursprünglich keinen Vertrag mit der Hamilton Bank Note Co. abgeschlossen, sondern mit Herrn Henry N. Etheridge, der seinerzeit Vertreter des Hauses Waterlow and Sons in London war. Für diesen 10-Jahresauftrag mit ähnlichen Konditionen wie die „Seebeck-Verträge“ und im Glauben für sich ein gutes Geschäft gemacht zu haben, suchte er in New York eine Druckerei. Nachdem er aber keine fand und um seinen Verpflichtungen gegenüber der ecuadorianischen Regierung nachzukommen, sah er sich gezwungen, seinem Konkurrenten Seebeck diese Druckaufträge anzubieten.
Bereits am 8.11.1895 erließ die ecuadorianische Regierung ein Dekret, mit dem der Vertrag, der am 27.10.1890 mit Herrn Etheridge geschlossen wurde, für null und nichtig erklärt wurde, da er „der Würde des Staates“ nicht entsprach. Da aber die Bestellung der Marken für 1896 bereits abgegeben war, fasste die Regierung den Beschluss, diese Marken nur gegen Bezahlung der Herstellkosten und ohne Rückgabe der Restbestände entgegenzunehmen.
Hergestellt wurden Marken zum allgemeinen Gebrauch (Mi. Nr. 19-37, 39-46, 54-61), Ganzsachen (Postkarten, Umschläge, Streifbänder), Dienstmarken (Mi. Nr. 1-29), Portomarken (Mi. Nr. 1-7) und amtliche Verschlusszettel für Wertbriefe.
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Die Vermarktung der Seebeckmarken
Was hat nun Seebeck mit den Restbeständen bzw. der Neudrucke gemacht? Weder er noch die Hamilton Bank Note Co. hatten ein Interesse sich selbst um die Vermarktung zu kümmern. Daher hat Seebeck die gesamten Bestände an Gustav B. Calman verkauft, der selbe, der seinerzeit sein eigenes Briefmarkengeschäft übernahm.
Welche Mengen Calman von Seebeck insgesamt erhielt, sind nicht genau bekannt. Es wird von rund 90 Millionen Marken gesprochen. Auf jeden Fall waren die Mengen so umfangreich gewesen, dass es ihm nicht gelang, diese im Markt unterzubringen. Große Mengen wurden noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an einen Händler in der Schweiz verkauft.
Herr Calman hatte Originale und Neudrucke von der Hamilton Bank Note Co. erhalten. Nun stellt sich die Frage, welches sind die Originale und welches sind Neudrucke. Als Neudrucke bezeichne ich in diesem Zusammenhang alle diejenigen Marken, die nach Ihrer Gültigkeit von den Originalplatten gedruckt wurden und durch die Verträge mit den Regierungen abgedeckt sind. So sind Marken auf dickem, rauem Papier mit und ohne Wasserzeichen „Jakobinermütze“ eindeutig Neudrucke. Dieses Papier stand erst ab ca. 1899 zu Verfügung und wurde zum Nachdruck der Marken erst nach dem Tode Seebecks verwendet.
In wieweit andere Papiere Originale oder Neudrucke sind, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern ist von Ausgabe zu Ausgabe unterschiedlich. Dazu kommt, dass von verschiedenen Marken noch während ihrer Gültigkeit weitere Auflagen gedruckt wurden. Diese dienten zur Erfüllung von Nachbestellungen aus den Ländern, wie z.B. El Salvador bzw. zum Auffüllen des von Herrn Seebeck angelegten Reserve-Bestandes von 100.000 kompletten Sätzen und 200.000 Kurzsätzen. Sind dies nun Neudrucke? Wohl eher nicht, auch wenn sie bis heute nicht echt gestempelt nachgewiesen sind. Es ist durchaus realistisch, zu sagen, dass von nachgelieferten Marken nur geringe Mengen verwendet wurden und der Rest dann wieder an die Hamilton Bank Note Co. vertragsgemäß zurück ging.
Für den Spezialsammler tut sich hier ein weites und interessantes Feld auf. Er kann die verschiedenen verwendeten Papiere dokumentieren und ein Stück Forschung leisten, wenn es darum geht an Hand von echt gestempelten Marken nachzuweisen, welche Papiere im Lande auch verwendet wurden, ohne allerdings die Frage nach Original oder Neudruck endgültig zu beantworten.
Angriffe auf Seebeck
Schon bald nachdem der Inhalt der ersten Verträge bekannt wurde, regten sich kritische Stimmen, die vor allem auf die Möglichkeit der Nachdrucke aufmerksam machten. Allerdings verstummten diese bald wieder und erst sechs Jahre später, in der zweiten Hälfte des Jahres 1895 wurde ein regelrechter Kreuzzug gegen die Seebeckmarken und die Verträge, die Herr Seebeck abgeschlossen hatte, losgetreten.
Wortführer war die Society for the Suppression of Speculative Stamps, kurz „S.S.S.S.”. Diese Organisation ging gegen jede Art von Postwertzeichen vor, die einen möglichen spekulativen Charakter haben könnten. Dazu zählten auch Sondermarken.
Neben Artikeln in der philatelistischen Fachpresse, in denen die Seebeckmarken aus den verschiedensten Gründen als nicht sammelwürdig hingestellt wurden, hat die S.S.S.S. die Regierungen der entsprechenden Länder angeschrieben, ihr Tun als verwerflich dargestellt und sie aufgefordert aus den Verträgen auszusteigen. Diesem Ansinnen ist allerdings nur Ecuador gefolgt.
Aspekte zur Verteidigung der Seebeck Marken
Ohne auf die Vorwürfe im einzelnen einzugehen, seien hier doch einige Aspekte zur Verteidigung der Seebeckmarken erwähnt:
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Alle Markenausgaben (eventuell mit Ausnahme einiger Werte in Höhe von 2, 5 und 10 Peso von El Salvador und einiger Dienstmarkenaufdrucke) sind von den Regierungen bestellt worden und für den nationalen und internationalen Postverkehr zugelassen und verwendet worden. Damit handelt es sich um sammelwürdige Briefmarken.
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Auch viele andere Postverwaltungen haben zu jener Zeit lange Serien mit hohen Nennwerten verausgabt, z.B. verzeichnet Michel für die USA von 1893 bis 1895 drei Serien mit Nennwerten von bis zu US$ 5.
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Die Bezahlung von Leistungen mit Waren (hier Briefmarken) kann nicht verwerflich sein und ist durchaus heute noch bei sogenannten Bartergeschäften üblich.
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Seebeck hat die zurückgegebenen Marken nicht selbst vermarktet und sich somit nicht bereichert. Vielmehr hat er diese zu Pauschalpreisen pro Jahrgang an einen Händler gegeben und damit die Herstellkosten plus einen angemessenen Gewinn für die Hamilton Bank Note Co. abgedeckt.
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Die Marken wurden deutlich unter Nennwert an die Sammler abgegeben, im Gegensatz zu dem o.g. Beispiel aus USA. Daher kann auch nicht die Rede davon sein, dass eine Monopolstellung über Gebühr ausgenutzt wurde.
Seebeck hat zu seinen Lebzeiten, wenn überhaupt, nur in sehr geringen Mengen Neudrucke erstellt. Die nach seinem Tod in größerem Umfang hergestellten Neudrucke sind bei entsprechender Kenntnis leicht zu erkennen. Im übrigen wurden Neudrucke im 19. Jahrhundert auch in einigen Altdeutschen Staaten wie z.B. Baden, Hannover, Preußen, Württemberg hergestellt.
Eine pikante Situation am Rande sei noch erwähnt: Führend im amerikanischen Ableger der S.S.S.S. war ein gewisser John W. Scott. Dieser hatte seine Firma Scott Stamp and Coin Co. an Gustav Calman verkauft. Als er später wieder eine Briefmarkenhandelsfirma gründete, kam es zu einem der ersten Rechtsstreits über Warenzeichen in den USA. Obwohl Scott das Verfahren gewann, bestanden sicher weiterhin Animositäten.
Seebeck selbst war vor allem über die Angriffe auf seine Person erbost. In seinem ausführlichen Brief vom 23.8.1895 an die philatelistische Fachpresse legte er dar, dass auch er Philatelist sei und den Kreuzzug gegen den Missbrauch durch die Postverwaltungen unterstütze. Obwohl Seebek in seinem Handeln kein Unrecht sah, war er bereit, von den Verträgen zurückzutreten, wenn sicher gestellt wäre, dass kein anderer ähnliche Verträge mit den Postverwaltungen abschließen würde.
Seebeck - Zum Schluss
Kommen wir abschließend auf unsere Ausgangsfrage zurück: Nicolas F. Seebeck – Held oder Gauner?
Sicher kein Held, aber ein Gauner? Beantworten Sie es für sich, lieber Leser. Aus meiner Sicht war Seebek ein cleverer Geschäftsmann, der für die damalige Zeit innovative Ideen hatte und seinen Kunden interessante Lösungen anbot. Er hat dabei auch Fehler gemacht, wie z.B. die vertraglichen Regelungen zu den Neudrucken. Hier wären andere Lösungen subtiler und genauso zielführend gewesen.
Man denke nur daran, was heute so üblich ist: Bedeutende Phila-Agenturen vertreiben Marken für Kleinstländer in Mengen, die in keinem Verhältnis zum Postaufkommen stehen – motivgerecht versteht sich!
Mit seinen qualitätsmäßig hochwertigen Marken hat Nicolas F. Seebeck sicher die Philatelie bereichert und mit den niedrigen Verkaufspreisen (ein Markensatz kostete um die 50 Cents) auch jungen Sammlern deren Erwerb ermöglicht.
Für die heutigen Philatelisten stellt Seebek´s „Erbe“ eine echte Herausforderung dar. Um sich dieser Herausforderung zu stellen, bedarf es keines übermäßig großen Geldbeutels. Aber mit umfassenden philatelistischen Kenntnissen und etwas Glück kann man eine spannende klassische Marken- und Ganzsachensammlung aufbauen.
Literatur:
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Illustriertes Briefmarken Journal der Gebr. Senf, Jahrgänge 1910 bis 1919
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Danilo A. Mueses: Héroe o Villano?
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Danilo A. Mueses: Emisiones postales dominicanas 1865 – 1965
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Bill Welsh: The American Philatelist März 1989: Inside Hamilton Bank Note Co.
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Diverse Briefmarkenkataloge
© Michael Peter
Abbildungen:
Seiten 3 und 5: aus der Sammlung des Verfassers
Seiten 6, 7 und 8: aus der Sammlung F. Brouwers
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